Linz im Oktober 2013. Der Himmel grau. Eine kalte Brise weht, der Nieselregen kennt auch keine Gnade. Eigentlich sollte man sofort umdrehen. Aber, wann hat man schon die Gelegenheit, eine junge Pandafamilie aus nächster Nähe zu beobachten? Genau, eigentlich nie. Deshalb aufhören mit dem Gejammere und rauf auf den Pöstlingberg zum kleinen, aber feinen Linzer Zoo.
Tierärztin Mag. Isabella Eberle begrüßt uns am Eingang, direkt neben den stets aktiven Erdmännchen, die hier ihr Zuhause haben. Dank der Vermittlung einer guten Freundin dürfen wir sie begleiten. Wir gehen zum Gehege und sehen, dass die Pandas wirklich gut mit dem Wetter zurecht kommen. Die Pandas, das sind die Eltern Lao (Mama), Lim (Papa), Pandamädchen Mingli und ihr Zwillingsbruder Huan. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich ganz auf den Bambus, der in der Mitte des Geheges auf sie wartet.
Mingli, ihr Name steht für Ruhm und Reichtum, und Huan – passenderweise bedeutet sein Name fröhlich und lebhaft – lassen sich nicht lange bitten. Geschickt zupfen sie die Blätter vom Geäst oder knabbern an einem Apfelstück.
Fotos: Jürgen Breitenbaumer/500px.com/juergenbr
Vier Rote Pandas ganz ohne die Gitterstäbe beobachten zu dürfen, ist ein besonderes Erlebnis. Trotzdem ist Achtsamkeit angebracht, denn Rote Pandas können, so harmlos sie auch wirken mögen, durchaus ruppig werden. Mit ihren Krallen wissen sich jedenfalls zu verteidigen. Doch davon ist an diesem Tag nichts zu spüren. Mutter Lim, seit Mai 2010 im Linzer Zoo beheimatet, steht den kleinen Pandas im Appetit um nichts nach. “Sie ist immer noch am Stillen”, erklärt uns Tierärztin Eberle. Vater Lao, zum Zeitpunkt des Besuchs 9 Jahre alt, hält sich zurück und bleibt auf Distanz. Aus den Augen lässt er uns aber nie, wenn er im Hintergrund herumschleicht. “Er ist ein sehr scheues Tier”, sagt Eberle, “In der freien Natur wäre er weg und würde erst wieder zurückkehren, wenn die Mutter wieder zeugungsfähig ist.”
So schnell die kleinen Pandas futtern, so schnell sind sie auch satt. Zeit zum Herumtollen, nein, nennen wir es waghalsige Kletteraktionen. Diese Aktivitäten sind übrigens auch ein guter Indikator dafür, wann es an der Zeit ist, den Familienbund aufzulösen. “Je älter sie werden, desto wilder werden auch die Spiele. Deshalb muss man sie trennen”, erklärt Eberle. Ein Koordinator aus den Niederlanden kümmert sich darum, dass die Roten Pandas in die entsprechenden Zoos verwiesen werden. Er führt das Zuchtbuch, um den optimalen Genpool aufrecht zu halten. Schon kurz nach der Geburt, im Juni 2013, wurden die Zwillinge bei diesem angemeldet. Wenige Monate nach unserem Besuch, im Mai 2014, ist etwa Pandamännchen Huan schon in seiner neuen Bleibe im Zoo in Brno (Tschechische Republik).
Es ist also eine Familie auf Zeit, die wir an diesem Oktobertag beobachten. Nach 45 Minuten ist es an der Zeit, Lao und Co. vom lästigen Besuch zu befreien. Die Roten Pandas marschieren zu ihren Verschlägen, kleine Holzboxen mit Schlupfloch, um das zu tun, was sie am liebsten machen: schlafen. Und wir verabschieden uns schweren Herzens von den Roten Pandas – und die kleinen Zwillinge auch bei uns. Bevor wir das Gehege verlassen, studieren uns Mingli und Huan noch einmal kurz, dann schlüpfen auch sie in ihre Holzboxen.
Der Abschied fällt uns dann doch etwas schwer. Wir bedanken uns bei Tierärztin Eberle für ihre Führung und brechen auf. Plötzlich war der lästige Regen kein Thema mehr. Wahrscheinlich weil es für einen Roten Panda-Fan die Art von Erlebnis ist, die er erst Tage später wirklich realisiert.
Hintergrund
Die beiden Roten Pandas Mingli und Huan sind übrigens bereits der zweite Zuchterfolg des Linzer Zoos. 2012 kamen Naoki und Naomi zur Welt (siehe Bild links). Naomi verstarb im Jänner 2013 – wie dies bei Pandajungen leider sehr häufig passiert – Naoki hingegen wurde im Frühjahr 2013 in den Zoo von Le Pal in Frankreich übersiedelt.
Interessante Links zum Thema:
Infos zu den Roten Pandas im Linzer Zoo im Blog “Rote Pandas in Österreich”