„Der Rote Panda hat überlebt, weil er sich angepasst hat“

Roter Panda kauert auf einem Baum
Foto: Tim Abee auf Pexels.com

Der Rote Panda ist der einzige noch lebende Vertreter der Familie der Ailuridae (Katzenbären). Das war jedoch nicht immer so. Millionen Jahre vor unserer Zeit lebten auf der Nordhalbkugel einige Vorfahren. Darunter der Bataller’s Panda (Simocyon batalleri) und der Bristol’s Panda (Pristinailurus bristoli) – zwei unterschiedliche Gattungen aus zwei Unterfamilien der Katzenbären. Von beiden Pandavorfahren wurden Fossilien entdeckt, die Rückschlüsse auf ihr Leben zulassen. Was wir über diese Tiere wissen, erzählt uns Aaron Woodruff, Paläontologie-Student und Blogger, der am Natural History Museum der Gray Fossil Site, einer Ausgrabungsstätte für Fossilien in Tennessee, forscht.

Ailuridae Aaron Woodruff
Der Rote Panda und seine Vorfahren. Bild: Aaron Woodruff

Red Pandazine: Wie unterscheidet sich der heutige Rote Panda von seinen Vorfahren, dem Bataller’s und Bristol’s Panda?

Aaron Woodruff: Der Rote Panda von heute ist viel mehr auf Bäume angewiesen als seine beiden Urahnen. Alle ausgestorbenen Ailuriden waren sehr geschickte Kletterer, aber ihr gesamter Lebensstil war wahrscheinlich noch mehr auf das Klettern ausgelegt, als bei den heutigen Roten Pandas. Das liegt daran, dass ihre Aktivitäten meistens untertags am Boden stattfanden. Sie kletterten jedoch die Bäume hoch, um zu schlafen oder vor Gefahren zu flüchten. Rote Pandas hingegen zeigen sich unter optimalen Bedingungen nur sehr selten am Boden. Sie haben außerdem im Vergleich zu den anderen Ailuriden einen extralangen „falschen Daumen“, mit dem sie dünnere Äste besser greifen können.

Red Pandazine: Sie haben den Bataller’s und den Bristol’s Panda genannt – wie lassen sich diese zueinander einordnen? Sind diese Arten verwandt?

Woodruff: Beide Arten gehören zur Familie der Ailuridae (Katzenbären). Innerhalb dieser Familie gibt es zwei Unterfamilien: die Simocyoninae und die Ailurinae.

Simocyoniden, zu denen der Bataller’s Panda zählt, waren überwiegend mittelgroße Hyperkarnivoren (bestreiten mehr als 70 % ihrer Nahrung mit Fleisch, Anm.) mit kräftigen Kiefern und Reißzähnen.

Die Unterfamilie der Ailurinae, zu denen sowohl der Bristol’s Panda als auch der heutige Rote Panda zählen, verfügt hingegen über ein anderes Gebiss. Damit kann sowohl Nahrung pflanzlichen wie tierischen Ursprungs zerkleinert werden. Der Rote Panda ist in vielerlei Hinsicht der Sonderfall innerhalb dieser Gruppe, weil das Kauen und Zerkleinern durch sein Gebiss so ausgeprägt ist, dass er sich fast ausschließlich von Bambus ernährt, obwohl er gelegentlich auch bei kleinen Nagetieren und Vögeln zuschlägt.

Ailutidae Schema
Eine kleine Orientierung im Dschungel der lateinischen Begriffe: Ganz oben die Ailuridae, die Katzenbären, die sich in zwei Unterfamilien, den Simocyoninae und Ailurinae, aufteilen. Letztgenannte beinhaltet auch den heutigen Roten Panda. Bild: Red Pandazine

Red Pandazine: Der Rote Panda bevorzugt Bambus, der Bataller’s Panda war ein überzeugter Fleischfresser. Wie ernährte sich der Bristol’s Panda?

Woodruff: Nun, er hat wahrscheinlich keinen Bambus gefressen. Ich würde den Bristol’s Panda eher als Allesfresser oder Mesokarnivoren (50-70% Fleischanteil in der Ernährung, Anm.) bezeichnen. Durch sein Skelett war er am Boden viel beweglicher. In der Art und Weise, wie er ausgesehen und sich bewegt hat, gibt es mehrere Ähnlichkeiten zu kleinen Karnivoren, die zwar ihre Beute auf dem Boden jagen, aber gleichzeitig über die Fähigkeit verfügen, effektiv zu klettern. Im Hinblick auf ihre Ökologie würde ich den Bristol’s Panda mit einer Zibetkatze oder einen Fuchs vergleichen.

Red Pandazine: Weiß man, warum der Bataller’s Panda und der Bristol’s Panda ausgestorben sind?

Woodruff: Derzeit gibt es noch keine Informationen über die Ursache. Für den Rückgang der Population und eventuell auch das Aussterben könnten Veränderungen im Klima und die Konkurrenz zu anderen Fleischfressern verantwortlich sein. Nachdem der Simocyon ausgestorben war, scheint es jedenfalls eine größere Vielfalt mittelgroßer Katzen gegeben zu haben. Einige dieser Katzen sind die Vorfahren der Großkatzen, die wir heute kennen. Die Vertreter der Unterfamilie der Ailurinae hingegen könnten durch verschiedene Spezies wie kleiner Hunde, Kleinbären und Marder ersetzt worden sein.

Schädel der Pandaarten
Unterschiedliche Schädelformen. Foto: Aaron Woodruff.

Red Pandazine: Wo wurden Fossilien der Urahnen des Roten Pandas gefunden?

Woodruff: Sowohl Simocyoniden als auch Ailurine wurden an Fundstätten in Nordamerika, Europa und Asien entdeckt – in den gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel. Die meisten der fossilen Reste sind jedoch sehr bruchstückhaft und bestehen nur aus wenigen Knochen und Zähnen. Das umfassendste Material über einen Simcyoninen kommt von der Batallones-1 Ausgrabungsstätte in Spanien. An der Gray Fossil Site wurde hingegen die weltweit vollständigsten Überreste eines Ailuriden entdeckt. Im Bundesstaat Washington gibt es eine zweite Fundstelle. Dort wurde allerdings nur ein einzelner isolierter Zahl eines Parailurus gefunden.

Red Pandazine: Wo hat nun der heute lebende Rote Panda seinen Ursprung?

Woodruff: Es ist unklar, wann die Gattung Ailurus entstanden ist, aber sie könnte im Pliozän (einem Zeitalter der Erdgeschichte, ca. 5 bis 2,5 Millionen Jahre vor unserer Zeit, Anm.) von der ausgestorbenen Gattung der Parailurus in Zentralasien abstammen. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der Familie der Ailuridae hat der Rote Panda vor allem deshalb überlebt, weil er sich an die kühlen, hochgelegenen Wälder des Himalayas angepasst hat.


Aaron Woodruff
Foto: Aaron Woodruff

Aaron Woodruff studiert Paläontologie an der East Tennessee State University. In seiner Diplomarbeit beschäftigt er sich mit Pekaris (Nabelschweinen) im Zeitalter des Pleistozän. Er ist aber auch in anderen Arten von Säugetiere bewandert, besonders in Karnivoren und Huftieren. Ein Großteil seiner Forschungsarbeit findet am Natural History Museum an der Gray Fossil Site statt. Vom Paläontologen Dr. Steven Wallace hat Woodruff auch einen Großteil seines Wissens rund um die Roten Pandas und dessen ausgestorbene Vorfahren erworben.

In seinem lesenswerten Blog Life in the Cenozoic Era beschäftigt sich Woodruff mit dem vor etwa 66 Millionen Jahren einsetzenden Zeitalter der Säugetiere.

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