
Diese kalten Morgenstunden im Herbst haben nicht viele Vorzüge. Außer vielleicht, dass man als Zoobesucher die Anlage praktisch für sich alleine hat. In solchen Momenten ist ein weitläufiger Zoo wie jener in Plzeň eine gute Möglichkeit, Tiere näher kennenzulernen. Nervös herumwatschelnde Pinguine, die Ausschau nach den Tierpflegern halten. Ein stattlicher Löwe, der den jungen Tag mit mürrischem Gebrüll begrüßt. Stachelschweine, die sich um ihre morgentliche Gemüseration streiten.
Nur einer bleibt ruhig und lässt den Dingen ihren Lauf. Zusammengerollt liegt Pandamännchen Chigo auf dem großen Baumstamm in seinem Gehege. 14 Jahre ist er alt, in Menschenjahren umgerechnet wäre er wohl im besten Pensionsalter. Geboren wurde Chigo im Zoo von Dresden, danach übersiedelte er in den Tiergarten Schönbrunn in Wien. Seit 2010 hat der Rote Panda nun in der tschechischen Industriestadt seine Bleibe gefunden.

Foto: Jürgen Breitenbaumer
Die Ruhe selbst
Der alte Mann wirkt müde. Als ihn ein Geräusch aufweckt, verweilt er erst einmal regungslos. Dann streckt er seinen Körper, gähnt mehrmals herzhaft und studiert die Umgebung. Er strahlt Gelassenheit aus – ein Gegenpol zu seinem überdrehten Mitbewohner, einem jungen Roten Panda, der aufgeregt zwischen den verschiedenen Bereichen des Geheges herumläuft, waghalsig auf einen Baum klettert, dabei fast abstürzt als ein Ast abbricht und dann wieder im Verschlag verschwindet, um einen Happen zu essen.

Foto: Jürgen Breitenbaumer
Bei Chigo sind diese wilden Zeiten vorbei. Nur langsam bewegt er sich zum Rand des Geheges, wo er sich direkt vor der Begrenzung niederlässt und dort für lange Zeit verharrt. Die Scheu, die laut Infotafel so charakteristisch für ihn sein sollte, dürfte er abgelegt haben. Aufmerksam studiert er den Boden. Seine Neugier auf die seltsamen Exemplare der Spezies Homo Sapiens scheint jedoch nicht sehr ausgeprägt zu sein.
Das vermehrte Kindergeschrei – der Zoo wacht nun allmählich auf, immer mehr Menschen schlendern umher – quittiert Chigo mit einem abgeklärten Blick. Neu sind diese Geräusche für ihn definitiv nicht.
Zwischen Leiden und dem Leben
Chigo zählt gemeinsam mit Mike aus Schönbrunn, der heuer 16 Jahre alt wurde, zu den älteren Roten Pandas in den Zoos. Im Vergleich zur freien Wildbahn erreichen viele Tiere in den Zoos ein deutlich höheres Alter. Und dennoch ist das Altern eines jener Themen, bei dem das Verhältnis zwischen Mensch und Tier immer wieder aufs Neue justiert werden muss – vor allem wenn es um eine schwere Krankheit und sogar das Lebensende geht.
Leiden die Tiere unter Schmerzen, haben Tierärzte eine schwierige Entscheidung zu fällen. Im Zoo von Wellington (Neuseeland) musste sich das Team mit dieser Frage auseinandersetzen. Pandaweibchen Amy litt an starken Gliederschmerzen und einer hartnäckigen Nierenerkrankung. Die Tierärzte entschieden sich, sie im Alter von 15 Jahren einzuschläfern.
108 Menschenjahre
Dass aber mit dem Alter von 14 bis 16 Jahren noch nicht Schluss sein muss, zeigen Daten aus den Zoos. In Rotterdam wurde ein Roter Panda 21 Jahre und 7 Monate alt. Den Altersrekord stellte jedoch Kusu, ein Roter Panda aus dem japanischen Itozu no Mori Zoological Park, auf. Er wurde unglaubliche 24 Jahre alt – umgerechnet 108 Menschenjahre. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist Chigo aus dem Zoo Plzeň also noch ein Jungspund.