
Ein indisches Forscherteam arbeitet derzeit an einer umfangreichen DNA-Datenbank von Roten Pandas in freier Wildbahn. Diese soll nicht nur die genetische Vielfalt abbilden, sondern auch helfen, den illegalen Handel einzudämmen, erklärt Projektleiter Dr. Mukesh Thakur vom Zoological Survey of India im Interview mit Red Pandazine.
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Red Pandazine: Welches Ziel verfolgt diese DNA-Datenbank?
Dr. Mukesh Thakur: Der Rote Panda ist eine vom Aussterben bedrohte Tierart und kommt in Indien, Nepal, Bhutan, China sowie einigen Teilen Myanmars vor. Die Grenzen von Indien nach Nepal und Bhutan sind sehr durchlässig. Man braucht kein Visum, um diese zu überqueren. Einige Menschen betrieben illegalen Handel mit Wildtieren, wie z. B. Tiger, Leopard, Nashorn, Elefant, Schuppentier und Roter Panda, um leichtes Geld zu verdienen.
Pelze von Roten Pandas können relativ leicht über mehrere internationale Grenzen geschmuggelt werden, da der Flughafen von Kalkutta gut nach Südostasien, Europa und die USA angebunden ist. Die Strafverfolgungsbehörden sind oft nicht in der Lage, die Herkunft der Wildtiere zu bestimmen. Da es wichtig ist, die Wilderei-Hotspots und potenziellen Handelsrouten zu identifizieren, haben wir diese Studie initiiert. Sie hat zum Ziel, eine Referenz-DNA-Datenbank der Roten Pandas in Indien aufzubauen. Dank einer innovativen DNA-Zuordnungsmethode kann dadurch die geografische Herkunft von beschlagnahmten Pandahäuten oder -produkten bestimmt werden, wenn diese aus Indien stammen.
Red Pandazine: Laut der kürzlich veröffentlichten TRAFFIC-Studie kommen “wildlife crimes”, also der illegale Handel mit Roten Pandas, in Indien seltener vor als in Nepal. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Dr. Mukesh Thakur: Ich bin mit dem TRAFFIC-Bericht teilweise nicht ganz einverstanden, da keine ausreichenden Informationen aus Indien gesammelt wurden. Im Bericht heißt es, dass Gespräche mit zehn Experten aus Indien, Nepal und Bhutan sowie mehrere Fragebogeninterviews durchgeführt wurden. Es wurden jedoch keine Informationen von den Strafverfolgungsbehörden, z. B. dem Wildlife Crime Control Bureau und den Forstbehörden eingeholt. Innerhalb von zwei Jahren berichteten wir allerdings von mehreren Fällen, in denen Rote Pandas wegen ihres Pelzes gewildert wurden.

Red Pandazine: Sie konzentrieren sich derzeit auf den östlichen Himalaja. Welche Regionen werden in der Datenbank berücksichtigt?
Dr. Mukesh Thakur: Das Projekt deckt das gesamte Verbreitungsgebiet des Roten Pandas in Indien ab. Wir beabsichtigen, die DNA-Referenzdatenbank mit Daten aus drei Bundesstaaten – Sikkim, Nordwestbengalen und Arunachal Pradesh – aufzubauen.
Red Pandazine: Die DNA-Analyse basiert auf Stuhlproben. Wie viele wurden gesammelt? Und wo wurden sie entnommen?
Dr. Mukesh Thakur: In den letzten zwei Jahren haben wir im Rahmen einer umfassenden Feldstudie im östlichen Himalaja etwa 234 Stuhlproben von wildlebenden Roten Pandas gesammelt und dabei 24 eindeutige Individuen identifizieren können. Rote Pandas sind sehr scheu, die topologische Beschaffenheit der Gebiete, in denen sie leben, sind herausfordernd. Es ist schwierig, sich diesen Tieren zu nähern. Wir verwenden deshalb die ausgeklügeltsten Instrumente der GIS (“Geographisches Informationssystem”), Genetik und Genomik, um die Projektziele zu erreichen. Wir modellieren auch den geeigneten Lebensraum sowie die Landschaftskonnektivität mit GIS-Werkzeugen und validieren die Vorhersagemodelle, indem wir die in Echtzeit im Feld gesammelten Proben per DNA-Analyse auswerten. Aus Neugierde untersuchen wir die Exkremente der Roten Pandas für eine Darm-Mikrobiota-Analyse, um deren Gesundheits- und den physiologischen Zustand vorherzusagen und dies mit dem von den Roten Pandas in Indien genutzten Habitat in Verbindung zu bringen.
Red Pandazine: Ist in der Zukunft eine Ausweitung des Projekts auf andere Regionen geplant? (z.B. Lebensräume des Roten Pandas in China etc.)
Dr. Mukesh Thakur: Wir suchen Mitarbeiter in Nepal und Bhutan, die ergänzende Daten für unsere Studie generieren können. In China stehen wir bereits in Kontakt mit Prof. Bisong Yue (Universität Sichuan), Dr. Liang Zhang (Panda-Forschungsbasisstation – Chengdu) und Dr. Fuwen Wei (IoZ – Chinesische Akademie der Wissenschaften).
Red Pandazine: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Roten Panda zu schützen?
Dr. Mukesh Thakur: Es muss einen landschaftsorientierten Ansatz geben. Die Hauptbedrohung ist die Zerstörung des potenziellen Lebensraums, die immer stärkeren Eingriffe durch den Menschen und Veränderungen in den Landnutzungsmustern. Diese müssen auf Landschaftsebene angegangen werden.
Red Pandazine: Sehen Sie die Roten Pandas in den Zoos weltweit als ein vollwertiges “Backup” für die Population in der Wildnis oder decken diese nur einen kleinen Teil der genetischen Vielfalt ab?
Dr. Mukesh Thakur: Wir haben noch nicht viele Rote Pandas in den Zoos genetisch analysiert – nur einige wenige verfügen über DNA-Informationen, die für Tieraustauschprogramme genutzt werden könnten. Ich glaube, die meisten Roten Pandas in den Zoos sind durch Inzucht entstanden und die wertvollsten Informationen liegen in der Wildpopulation.
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Über das Projekt
Dr. Mukesh Thakur leitet das Rote-Panda-DNA-Datenbankprojekt, welches vom indischen Department of Science and Technology in Auftrag gegeben wurde. Er wird von drei Studenten – Hiren Khatri, Supriyo Dalui und Shmabadeb Basu – unterstützt. Das Projekt soll bis September 2023 laufen.
Dr. Mukesh Thakur auf Research Gate und Twitter. Weitere Informationen bietet auch dieser Flyer (PDF-Download, auf Englisch).