Wenn Rote Pandas ihr Gehege teilen

In vielen Zoos werden Rote Pandas gemeinsam mit anderen Tierarten gehalten. In Nordamerika und Europa häufig mit Muntjaks. Immer beliebter wird auch die Kombination mit Schopfhirschen. Die Erfahrungen, die im Zuge dieser „Vergesellschaftungen“ gesammelt werden, sind dabei höchst unterschiedlich: Während die Kleinen Pandas zumeist in friedlicher Koexistenz mit ihren Mitbewohnern leben, wurden auch Fälle dokumentiert, in denen sie angegriffen wurden – oder sich selber aggressiv verhielten und dabei Jungtiere töteten.

Fotos: Roter Panda von Red Pandazine; Muntjak von: gailhampshire from Cradley, Malvern, U.K, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Jede Tierart hat ihre eigene Lebensweise. Wenn zwei oder mehrere Tierarten in einem Gehege vereint werden, können laut Krisztián Svábik, Teamleiter im Schweizer Tonis Zoo und ehemaliger stellvertretender Kurator des Budapester Zoos, unterschiedlichen Lebensweisen hilfreich sein. Bei den Roten Pandas unterscheidet sich diese je nachdem, ob sie in freier Wildbahn oder im Zoo leben.

„Viele neuere Studien haben gezeigt, dass Rote Pandas in freier Wildbahn eher tagsüber als nachts aktiv sind, obwohl man früher annahm, dass sie in der Morgen- und Abenddämmerung und nachts am aktivsten sind“, sagt Svábik. „Die meisten der in Menschenobhut lebenden Tiere sind nacht- und dämmerungsaktiv und zeigen eine polyphasische Aktivität während der Nacht.“ Das heißt, Schlaf- und Aktivphasen wechseln sich immer wieder ab.

Rote Pandas sind außerdem hervorragende Kletterer und haben eine arboreale Lebensweise, sind also auf das Leben auf Bäumen spezialisiert. „Die Vergesellschaftung mit bodenbewohnenden Tieren oder tagaktiven Arten – oder mit beiden – scheint also eine gute Kombination zu sein”, so Svábik. Diese Gründe sprechen dafür, Rote Pandas mit Tierarten wie Muntjaks, Schopfhirschen und Zwergottern zu kombinieren. Werden sie mit mehr als einer Tierart vergesellschaftet, kommen oft verschiedene Vogelarten wie Kraniche, aber auch Kasuare, Enten, Schwäne, Ohrfasane und Singvögel hinzu. Diese Anlagen mit mehreren Tierarten gibt es unter anderem im Parc Zoologique et Botanique de Mulhouse (Frankreich), im Tierpark Görlitz (Deutschland), im Bioparc Fuengirola (Spanien) und im Vogelpark Avifauna (Niederlande).


“Im Einklang mit den aktuellen Haltungstrends werden Rote Pandas immer häufiger zusammen mit anderen Arten gehalten.”

— Krisztián Svábik, Teamleiter im Tonis Zoo

Tendenz steigend

Laut dem Zoological Information Management System (ZIMS) halten 327 Zoos auf der ganzen Welt Rote Pandas. Die tatsächliche Zahl könnte höher liegen, da nicht alle Einrichtungen an diese Datenbank melden. Bislang wurden etwas mehr als 50 Mischgehege von Roten Pandas und anderen Tierarten erfasst. Dabei ist zu beachten, dass diese Daten sowohl historische als auch aktuelle Kombinationen umfassen. „Genaue Zahlen liegen nicht vor, aber insgesamt kann man sagen, dass Zoos ihre Pandas hauptsächlich in eigenen Gehegen halten, jedoch im Einklang mit den aktuellen Haltungstrends werden sie auch immer häufiger zusammen mit anderen Arten gehalten“, so Svábik.

Feindliche Nachbarn

Das Zusammenleben zwischen den Tierarten verläuft nicht immer reibungslos. Gerade bei der Vergesellschaftung mit den Muntjaks gilt es einige Dinge zu beachten. Laut Empfehlung der European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) und der Association of Zoos and Aquariums (AZA) sollten sich diese nur untertags das Gehege mit den Rote Pandas teilen. Über Nacht werden sie getrennt. Den Roten Pandas muss hingegen eine gewisse Angewöhnungsphase gewährt werden. “Es braucht eine schöne langsame Einführung, dann scheinen Pandas außerhalb der Paarungszeit gut zurechtzukommen”, erklärt Svábik. Innerhalb der Paarungszeit kann sich allerdings ein ganz anderes Bild zeigen.

Ein drastisches Beispiel wurde im Tiergarten Nürnberg dokumentiert. Dort lebten Rote Pandas und Muntjaks in einem 585 m2 großen Gehege zusammen. Die Muntjaks, die an das gemeinsame Zuhause angewöhnt wurden, schienen gegenüber den Roten Pandas dominanter zu sein und diese auch zu verdrängen. „Nachdem die Muntjaks mehrmals in Anwesenheit von Roten Pandas erfolgreich ihren Nachwuchs aufgezogen hatten, wurde das vierte (2000) und das sechste Jungtier (2001) im Freigehege von einem Panda getötet und teilweise aufgefressen”, erzählt Svábik. “Ein drittes Opfer wurde leicht verwundet.” Aus diesem Grund werden trächtige Muntjaks vor der Geburt von den Roten Pandas getrennt. Ein bis zwei Wochen nach der Geburt sind die Muntjak-Kitze außer Gefahr.

Aggressives Verhalten ist aber auch in die andere Richtung möglich. Im Tiergarten Nürnberg wurde das Zusammenleben von Roten Pandas und Muntjaks beendet, nachdem ein Muntjak-Männchen zwei Roten Pandas tötete, indem er ihnen mit seinem Huf den Bauch aufschlitzte. Die Roten Pandas haben wiederum vier nur ein bis drei Tage alte Muntjaks getötet und gefressen.

Gute Nachbarn

Neben diesen negativen Beispielen gibt es aber auch viele Zoos, in denen eine friedliche Koexistenz möglich ist. Laut einer 2002 abgeschlossenen Studie hat der Tierpark Görlitz Rote Pandas und Muntjaks erfolgreich in einem Gehege vereint. Und ein Kurator des Zoologischen Gartens von Minnesota erklärte gegenüber Krisztián Svábik, dass die Mischung von Roten Pandas mit etwas größeren Huftieren wie Chinesischen Goralen und Urial recht gut funktioniert, da sich die Arten meist gegenseitig ignorieren.


Mehr zum Thema

„Mixed-species exhibits with Raccoons (Procyonidae) and Red Panda (Ailuridae)“ von Krisztián Svábik finden Sie auf der Website zoorope.hu. http://www.zoorope.hu/en-mixed-exhibit-procyonidae-ailuridae/ Diese und weitere Arbeiten zum Thema Vergesellschaftungen stehen außerdem auf ZooLex zum Download bereit. https://zoolex.org/slist/publications#S